(Bielefeld, 21.02.2022) „Unsere Programmplanung nimmt Fahrt auf“, sagt MC-Vizepräsident Prof. Dr. Uwe Rössler zu Beginn der Online-Veranstaltung. Am 7. März zunächst noch virtuell geht es anschließend bei der Mitgliederversammlung am 21.3. in ein hybrides Format und ab April hoffentlich wieder in Präsenz. An tollen Locations mit inspirierenden Vorträgen und natürlich mit dem persönlichen Austausch, den alle so vermisst haben.
An diesem Abend ist Ingo Sander, geschäftsführender Gesellschafter der Bielefelder rc – research & consulting GmbH, zu Gast. Es geht um die spannende Frage, wie sich zufriedenere Kunden in Euro und Cent bemerkbar machen.
Seit über 25 Jahren berät Ingo Sander Unternehmen bei der Entwicklung, Optimierung und Umsetzung von nationalen wie internationalen Kundenzufriedenheits- und CX-Programmen. Für das Marketing ist das eine ganz wesentliche Frage: Wie lassen sich Zufriedenheitswerte
aus Kundenbefragungen in monetäre Kennziffern übertragen? Wie sich das errechnen lässt, erläutert Ingo Sander anhand des Beispiels des mit dem Innovationspreis des BVM 2021 ausgezeichneten Modells für die Deutsche Bahn AG: dem DB CX-Impact Simulator.
„Früher hieß es, dass es bis zu sieben Mal teurer ist, einen unzufriedenen Kunden zurückzugewinnen als einen zufriedenen zu halten. Eine weitere Annahme war, dass die Weiterempfehlung eines Kunden direkt mit der Profitabilität korreliert“, führt Ingo Sander aus. „Für beide Hypothesen sind in der wissenschaftlichen Literatur widersprüchliche Belege zu finden. Deshalb haben wir uns der Frage gestellt, ob sich ein unternehmensspezifisches Modell entwickeln und validieren lässt.“
Vor zweieinhalb Jahren hat rc – research & consulting zusammen mit dem IfaD Institut damit begonnen, für die Deutsche Bahn ein Simulationsmodell zu entwickeln. Die Fragestellung war: Was bringen Investments in die Kundenzufriedenheit hinsichtlich der Gesamtzufriedenheit, der Häufigkeit der Produktnutzung und für den (zusätzlichen) Umsatz. Die Basis dafür bildeten die rund 70.000 kontinuierlich von der DB durchgeführten Befragungen ihrer Kund*innen. Dabei geht es in dem entwickelten Modell um die Wirkungen der Zufriedenheitselemente von der Detailebene über die übergreifenden Bereichszufriedenheiten (Touchpoints) bis hin zu Imageeffekten, Preis-Leistung und der Gesamtzufriedenheit auf die Anzahl zukünftiger Reisen mit der DB und deren Effekt in EUR. Zusätzlich zu der Wirkung der subjektiven Befragungsparameter auf den Umsatz wurde auch der Effekt von objektiven Qualitätskennziffern aus dem Qualitätsmanagement – z. B. die reale Pünktlichkeitsquote, Auslastungsquote, Umsteigezeiten, Zugausfälle etc. – auf diese subjektiven Zufriedenheitselemente und den Umsatz ins Modell integriert. Das Ziel war es, auf dieser Basis ein interaktives Simulationstool zur Verfügung zu stellen, mit dessen Hilfe Prognosen von zukünftigen Zufriedenheitsentwicklungen, Anzahl der Reisen, Umsatzentwicklungen sowie die Berechnungen von verschiedenen – künftigen – Szenarien ermöglicht werden. Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie wurden miteinbezogen. So wurde auf Basis der Daten der Pandemiemonate neben dem „Normal“-Modell auch ein „New-Normal“-Modell entwickelt.
Eine Innovation ist, dass das Modell die Möglichkeit bietet, ins Detail zu gehen. Ingo Sander nennt beispielhaft den Touchpoint „Komfort“. Hier wurde die Zufriedenheit in den Bereichen Belüftung, Licht, Sitzkomfort, WLAN oder die Sauberkeit der Toiletten bei den DB-Interviews abgefragt. Wenn sich das Unternehmen nun entschließt, in die Sauberkeit zu investieren, kann das Simulationsmodell errechnen, wie sich dieses eine Detail nicht nur auf die Zufriedenheit der Kund*innen auswirkt, sondern auch ob und welche Möglichkeiten der Umsatzsteigerung es bietet. Dabei bewertet der Kunde nicht „nur“ die subjektive Sauberkeit, sondern es wird in der Tiefe gefragt, was seine Unzufriedenheit ausgelöst hat. Hat beispielsweise die Seife oder das Papier gefehlt.
Diese Berechnungen lassen sich auch mit allen anderen Teilbereichen anstellen. Das Unternehmen kann also ganz genau anhand des Simulationsmodells ablesen, welche Investments sich hinsichtlich der Steigerung der Kundenzufriedenheit lohnen und wie sich das auf den Umsatz auswirkt. Wird in einem Bereich die Zufriedenheit gesteigert, kann errechnet werden, wie viele Fahrten das im Jahr mehr ausmacht und wie viel Euro das in Summe bringt. „Würde man die Pünktlichkeitsquote um nur einen Prozentpunkt steigern, dann wären das 29.000 Fahrten und damit 15,3 Millionen Euro mehr“, verdeutlicht Ingo Sander. Die Steigerung der Kundenzufriedenheit um einen Punkt bedarf allerdings einiges an Aufwand von Unternehmensseite. Welche Investitionen lohnen sich also, um eine Umsatzsteigerung zu erreichen?
„Das validierte Modell und der Simulator ermöglichen es Unternehmen, fundierte Entscheidungen zu treffen“, sagt der Geschäftsführer von rc – research & consulting. „Dazu braucht man gar nicht so viele Interviews, wie wir sie bei der Deutschen Bahn hatten. Wir können auch mit weniger Daten ein valides und unternehmensspezifisches Modell erstellen.“
Text: Eike Birck
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