Eingangs stellt Prof. Dr. Hans Brandt-Pook fest, dass es keine DIN-Norm für KI gibt. Der Wirtschaftsinformatiker skizziert die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Vor den heute allgemein bekannten Sprachassistenten Alexa und Siri gab es 1966 bereits ELIZA. Ein Computerprogramm, das die Möglichkeiten der Kommunikation zwischen einem Menschen und einem Computer über natürliche Sprache aufzeigen sollte. Allerdings musste seinerzeit der Text noch eingetippt werden. In den 1980ern galt KI als etwas, das man den Computer tun lässt, bei dem der Mensch aber im Moment noch besser ist. Erst Ende der1990er nahm die Entwicklung richtig Fahrt auf. IBM entwickelte mit Deep Blue einen Schachcomputer, der den damals amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow 1996 erstmals besiegte. 2015 fährt Google 1,6 Kilometer autonom und ein Jahr später schlägt Google AlphaGo professionelle Go-Spieler. Begriffe, wie z. B. Robotik, Brute Force und Deep Learning tauchen auf.
Nach Prof. Dr. Hans Brandt-Pook liegt heute ein Fokus der KI u. a. auf der Bild- und Videoanalyse und damit auch auf der Bearbeitung von Fotos und Videos. Ist eine Bildbearbeitung gut gemacht, wird es immer schwieriger, zwischen echtem Foto/Video und Fake zu unterscheiden.
Bei der Sprachanalyse sind Programme mittlerweile so weit, dass sie Produktbewertungen von Kunden analysieren können, wenn diese beispielsweise eindeutig schlecht ausfallen, z. B. mit Schimpfwörtern belegt wurden. Hier könnte ein Programm eine Warnung an den Hersteller oder Webseiten-Betreiber schicken. Problematisch ist diese Sentimentanalyse allerdings, wenn die Kritik neutral oder ironisch vorgetragen wird. Dann wird die Haltung des Schreibers nicht erkannt oder von dem Programm als neutral bewertet.
Prof. Dr. Hans Brandt-Pook betont, dass KI oftmals zu Unrecht verteufelt wird. „Dass KI irgendwann den Menschen beherrscht, davon sind wir noch weit entfernt. Entscheidend ist, wie man die Technologie einsetzt.“ Allerdings stellen sich auch heute Fragen ethischer Art. Wenn es beispielsweise um selbstfahrende Autos geht. Wie schreibt man den Algorithmus, wenn er die Wahl zwischen einer Gruppe von Schulkindern oder einer Gruppe von Senioren hat?
Insgesamt stehen insbesondere dem Mittelstand durch ein Mehr an bezahlbarer Rechenpower und Cloud-Lösungen neue Möglichkeiten zur Verfügung. In der Produktion können durch KI Prozessparameter überwacht und optimiert werden. Damit können z. B. Vorhersagen getroffen werden, wann eine Maschine gewartet werden muss. Auch die Auslastung kann verbessert werden. Im Bereich Logistik wird eine Inventur durch Drohnen möglich und auch die Warenkontrolle wird vereinfacht.
Welche Möglichkeiten bietet die KI dem Marketing? „Der zentrale Fokus im Marketing liegt auf der Customer Journey“, sagt Christian Weber. „Bei den Bausteinen Inhalte, Kanäle und Daten kann KI unterstützen.“ Texte, Videos und Bilder können automatisch durchsucht, kategorisiert, personalisiert, übersetzt und sogar produziert werden. Sprachassistenten, Voice Search, Chatbots, Voice Branding oder Voice Content Marketing bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten. „Über Voice Branding könnte ich Alexa fragen, wie ich mit Persil Rotweinflecken entferne“, berichtet der Diplom-Informatiker. So wird ein Gespräch mit der Marke möglich. In Bezug auf Daten kann KI Zielgruppen segmentieren und entsprechende Produktempfehlungen aussprechen. Das Verhalten der Kunden wird analysiert bzw. es kann vorhergesagt werden. Außerdem ermöglicht KI die Beobachtung des Wettbewerbs und unterstützt bei der Preis-Bildung und der Werbeplatz-Optimierung.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass Online-Shops erfolgreicher sind, je mehr Fotos zu den Produkten abgebildet werden. KI kann Bilder klassifizieren und verschiedene Aspekte, die ein Bild beinhaltet, erkennen. Schon heute wird qua Roboterjournalismus Content erstellt. Die Sportberichterstattung der Bild-Zeitung oder die Erstellung von Börsenberichten erfolgt bereits automatisiert. Redakteure definieren die Parameter und sichern die Qualität. Eine Content-Automation ist auch für Produktkataloge oder den Online-Shop denkbar. Ein weiteres Einsatzfeld für KI ist die Transkription von Videos, die automatisch mit Untertiteln versehen werden. Ein Übersetzungsprogramm kann diese Untertitel in verschiedene Sprachen übertragen. Es gibt demnach viele Ansätze, wie sich das Marketing KI nutzbar machen kann. Im Anschluss an die Veranstaltung gab es für die Mitglieder und Gäste des Marketingclubs OWL Bielefeld noch reichlich Gesprächsstoff.
Text: Eike Birck
Fotos: Susanne Freitag
Kommentare zu den Veranstaltungen sind den Mitgliedern des Marketing Clubs OWL Bielefeld vorbehalten.