Katjes – Alles Veggie! - Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens Katjes Gewinner des Deutschen Marketingpreises 2019

Gemeinsam genießen die Mitglieder des Marketing Clubs OWL Bielefeld die neuen Produkte von Katjes Fassin GmbH & Co. KG. (v.l.n.r. Mitglied Ann-Christin Möbius und Präsident Alf Meyer zur Heyde)
16. September 2020
NATIVES, Ravensberger Str. 12a, 33602 Bielefeld

Mit Mut und Haltung zum Deutschen Marketing Preis 2019

(Bielefeld, 16.9.2020) Es war die erste Veranstaltung nach den Sommerferien und zugleich eine Premiere. Der Marketingclub OWL Bielefeld startet mit einer Hybrid-Veranstaltung in das zweite Veranstaltungs-Halbjahr. „Es wird Zeit, dass wir wieder in Normalität kommen“, sagt Marketingclub-Präsident Alf Meyer zur Heyde zur Begrüßung in den schönen Räumlichkeiten von „Natives“ im Herzen der Bielefelder Innenstadt und in die Kamera für die per Video-Konferenz zugeschalteten Club-Mitglieder.

„Die persönliche Begegnung fühlt sich gut an“, stellt er fest. Außerdem konnten die Mitglieder schon die eine oder andere Kostprobe aus dem Katjes-Sortiment live und in Farbe testen. Denn zu Gast war Gloria Blumhofer, Global Marketing Managerin der Marke Katjes bei der Katjes Fassin GmbH + Co. KG, die von Düsseldorf aus einen spannenden Vortrag über die Erfolgsgeschichte der Marke hielt, die im vergangenen Jahr den Deutschen Marketing Preis 2019 gewann.

Den Slogan „Katjes, jes, jes jes“ hat wahrscheinlich jeder sofort im Ohr. 1950 gegründet hat das Unternehmen heute 500 Mitarbeitende an drei Produktionsstätten und ist die Nummer 3 im Zuckerwarenmarkt – hinter Haribo und Storck. Fruchtgummi und Lakritz sind mit 39 Prozent der größte Teilmarkt im Candygeschäft. Rund 30 kg konsumieren die Deutschen im Jahr. Ein Umsatz von 2,4 Milliarden Euro – Tendenz: leicht steigend. Gemeinsam mit ihrer rechtlich selbstständigen Schwestergesellschaft Katjes International GmbH & Co. KG und Katjesgreenfood GmbH & Co. KG ist die Katjes Fassin GmbH & Co. KG Teil der Katjes-Gruppe.

 

Rosa ist Programm

 

Früh sei klar gewesen, dass man – will man neben dem Branchenprimus Haribo bestehen – eine innovative Strategie fahren müsse. Es reiche nicht, den Größten zu kopieren, sondern Klaus Fassin hat nach einer echten Produktneuigkeit gesucht und 1971 gefunden: Yoghurt-Gums – die Kombination von Fruchtgummi und Joghurt. Ein weiterer Meilenstein in der Unternehmensgeschichte war 1987 der Verzicht auf künstliche Farben und 1994 kam die Wende hin zu natürlichen Aromen. „Klaus Fassin wollte nichts Künstliches in seinen Produkten haben“, betont Gloria Blumhofer. Seit 2010 liegt der Fokus auf vegetarischen Produkten – also ohne Gelatine, die meist aus Haut und Knochen vom Schwein produziert wird. Mit Stärke und Pektin kommt eine pflanzliche Alternative zum Einsatz, die u. a. aus der Schale von Orangen, Äpfeln und Orangen gewonnen wird. „Wir haben die Marke auf links gezogen – hin zu veggie“, berichtet die Global Marketing Managerin, die zusammen mit zwei Kollegen das Marketing für Katjes Fassin Deutschland verantwortet. „In einem ersten Schritt haben wir 40 von 55 Produkten ausgelistet. Übrig blieben 15 Topseller, auf die wir uns fokussiert haben und bei denen wir die Rezeptur auf veggie umgestellt haben.“ Begleitet wurden diese Schritte mit einem emotionalen, bunten – oft auch in Rosa gehaltenem – Produktdesign und einer maßgeschneiderten Ansprache an die Zielgruppe. So ist die Rainbow-Edition, in der sechs Farben zusammenlaufen, „instagramable“. 2016 war der Jubel in der Unternehmenszentrale in Emmerich groß, denn da war die 100-prozentige Umstellung in der Produktion vollbracht. Eine Botschaft, die natürlich in die Welt hinausgetragen werden wollte.

 

Mutig voran

 

Es gelang, die einst exklusiv für den Kunden Mercedes-Benz gegründete Agentur Antoni Jellyhouse zu überzeugen, für Katjes aktiv zu werden. „Die Zielgruppe ist weiblich und zwischen 16 und 49 Jahre, die Kerngruppe mit 16 bis 29 noch etwas jünger, und besteht vornehmlich aus Vegetariern, Flexitariern und Muslimen bzw. aus Menschen, die aus religiösen Gründen auf Produkte mit Schweinefleisch verzichten“, so Gloria Blumhofer. So wurden drei junge Frauen für TV-Spots gecastet. Außerdem wurden große Plakate und Banner an Hauswänden mit den Gesichtern der Kampagne versehen. Das Bild einer in rosa gekleideten, kopftuchtragenden Muslima sorgte 2018 für Furore – und einen Shitstorm in den sogenannten sozialen Netzwerken. „Wir hatten etwa 1.500 Kommentare am Tag, sonst waren es eher 3 bis 4“, erinnert sich die Marketingexpertin. Die AfD rief zum Boykott unserer Produkte auf und wir haben sogar Morddrohungen erhalten. Es gab auch sehr, sehr viele positive Rückmeldungen. Auf Instagram wurde die Aktion gefeiert. Es gab also einen sehr starken „talk about.“ Die Unternehmensspitze stellte sich sofort hinter die Kampagne. Mit Erfolg: Katjes gewann den Effie, die Nachfrage stieg um 72 Prozent und der Absatz um 62 Prozent. Und auch der nächste Spot „Jedes Leben ist wertvoll“, der das Tierwohl in den Blick nahm und einen dreibeinigen Hund zeigt, sorgte für viel Gesprächsstoff. Zwischen 2015 und 2019 konnte Katjes ein Plus von 44 Prozent verbuchen. Die Produktion stieß an ihre Grenzen und muss nun auch samstags und sonntags ran, um die Nachfrage zu bedienen. Im Herbst wird eine neue Produktionsstätte eingeweiht. Und auch der Dauerbrenner, die Joghurt-Gums, wachsen noch immer und das seit den 1950er Jahren. Neue Produkte für eine breitere Zielgruppe wurden eingeführt. Es ist der Mix aus traditionellen und neuen Produkten, wie die vegane Schokolade, der zum Unternehmenserfolg beiträgt.

 

Gegen die Massentierhaltung

 

Und auch die Bewerbung der neuen Schokolade Chocjes hatte es in sich. Ein Team um Gerald Anthony Scarfe, der Zeichner des weltberühmten Pink-Floyd-Covers „The Wall“, entwarf einen animierten Spot, der die Massentierhaltung der Milchbauern eindrücklich an den Pranger stellt. Für die Produktion der Schokolade wird Hafer- statt Kuhmilch verwendet. Es gab 150 Beschwerden beim Werberat. Die Landwirte waren empört, die Zielgruppe begeistert. Filmte den Spot ab und teilte ihn in den sozialen Netzwerken. „Das gab eher einen Lovestorm“, erinnert sich die Marketing-Expertin. Wir hatten zu 90 Prozent positives Feedback.“ Ein Wachstum von 48 Prozent im Monat der Ausstrahlung kamen hinzu.

Katjes positioniert sich mit seinen vegetarischen und veganen Produkten als Schweineretter, Klimahelden und Wasser-Spar-Meister. Eine Erklärung, warum die Kampagnen so gut funktionieren, hat Gloria Blumhofer auch: Bei uns gibt es keine Meetings mit mehr als fünf Teilnehmern. Besprechungen ab einer gewissen Größe führen häufig zu nichts. Wir arbeiten Ideen aus und stellen sie direkt den Abteilungen oder der Geschäftsführung vor. So können wir schnell auf aktuelle Ereignisse reagieren und bleiben agil.“

 

Text: Eike Birck

Fotos: Sarah Jonek

 

 

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