Der Kunde kommt mit Handy

Alf Meyer zur Heyde und Alexander Hakenholt, Deutsche Bank Bielefeld, Prof. Dr. Gerrit Heinemann, Moderatorin und MC Beiratsmitglied Susanne Schaefer-Dieterle, MC Präsident Prof. Dr. Uwe Rössler.
09. September 2014
Deutsche Bank

Der Kunde agiert gnadenlos

(Bielefeld, 9. September 2014). Am Ende griff Gerrit Heinemann zum Sprichwort – und er meinte es völlig ernst: „Ändere Dich ­– oder stirb.“ Diese Mahnung richtete der bekannte Professor von der Hochschule Niederrhein, Gründer und Leiter des eWeb Research Centers und gefragter Interviewpartner in TV-Dokumentationen und Talkshows, an den deutschen Handel. „Der Kunde kommt mit Handy“ hieß es beim ersten Termin des Marketing-Clubs OWL Bielefeld nach der Sommerpause.

Bei der Veranstaltung in der Deutschen Bank in Bielefeld, an der zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter wie auch Lieferanten der regionalen Handelsszene teilnahmen, wies der Handelsspezialist anhand aufschlussreicher wie überzeugender Fakten und Beispiele nach, dass die digitale Revolution im Handel längst das Anfangsstadion überschritten hat. Unumkehrbar ist das Phänomen, dass die Kundinnen und Kunden die Geschwindigkeit vorgeben. Sie treiben die Entwicklung und zwingen die Anbieter, Kundenorientierung neu zu definieren.

Der Handel stagniert, die Zahlen beim E-Commerce schnellen nach oben. Ausländische Anbieter drängen nach Deutschland, US-Retailer haben in zahlreichen Segmenten mehr als 80 Prozent Marktanteil. Amazon, ebay oder Apple iTunes lassen grüßen. Derzeit entdecken die Briten den lukrativen deutschen Markt. Der milliardenschwere Börsengang des chinesischen Online-Händlers und Amazon-Konkurrenten Alibaba bringt weitere Unruhe in das noch unübersichtliche Geschehen. Heinemann: „Die deutschen Händler müssen in die Puschen kommen!“ und: „Die Kunden wollen es so!“

Das digitale Universum wird nicht wieder verschwinden, vielmehr droht in Deutschland die massive Abwanderung von Einzelhandelsumsatz ins Ausland. Die Kunden erwarten das absolute Angebot mit nahezu grenzenloser Verfügbarkeit; die Amazon-Produktsuchmaschine listet an die 50 Millionen Produkte. Nur die Hälfte der deutschen Online-Shops ist mobil optimiert. Dabei ist längst bekannt: Nach 6 Sekunden ist der Kunde weg, die „landing page“ muss in einer Sekunde aufgebaut sein. Aus diesem Grund investieren Händler in Großbritannien und in den USA Milliarden in ihre Systeme. Und sie emotionalisieren ihre Online-Shops; das „Einkaufsvergnügen“, mit dem der stationäre Handel über Jahrzehnte punkten konnte, findet damit woanders statt.

Vor allem die jüngere Kundschaft unterscheidet nicht mehr zwischen online und offline, Deutschland oder Ausland. Sie sucht im Web rund um die Uhr gezielt nach einem Produkt, vergleicht Preise, kommuniziert darüber mit den Freunden, verlangt schnelle Verfügbarkeit, möglichst Same Day Delivery. „SoLoMo“ nennt das der Experte, der aus seiner Zeit als Marketingmann bei Douglas und Kaufhof weiß, wovon er spricht. Die soziale, lokale und mobile Vernetzung ergibt laut Gerrit Heinemann aber auch völlig neue Vermarktungschancen für den stationären Handel, der allerdings in Zukunft mit weniger Umsatz auf der Fläche wird kalkulieren müssen.

Dem Feuerwerk an Informationen schloss sich eine intensive Fragerunde an. Der Marketing Club bedankt sich bei der Deutschen Bank, die beim anschließenden Imbiss Gelegenheit gab, die Diskussion in kleineren Runden fortzusetzen.

Text: Susanne Schaefer-Dieterle
Fotos: Susanne Freitag

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